Niklas Rechenbach
ThermoTracker
Mannheim, bekannt als die Stadt mit den heißesten Temperaturen Deutschlands, steht im Fokus dieser Untersuchung. In diesem Projekt wird analysiert, ob die Temperaturen mit zunehmender Entfernung zur Innenstadt aufgrund geringerer Versiegelung, bzw. höheren Grünflächenanteile abnehmen. Mithilfe des Stadtklimamessnetzes Mannheims möchte ich herausfinden, ob und wie sich die Temperaturen mit zunehmender Entfernung zur Innenstadt in den einzelnen Stadtbezirken unterscheiden.
Dieses Projekt ist im Rahmen des Kurses “Grundlagen der Datenvisualisierung” im Sommersemester 2024 an der Hochschule Mannheim unter der Leitung von Prof. Dr. Till Nagel entstanden.
Einführung
Im Rahmen der Smart City Mannheim wird derzeit ein Klima-Netzwerk aufgebaut. Mit Hilfe angemessener und aussagekräftiger Visualisierungen sollte von uns im Kurs eine selbst gewählte These untersucht werden.
Innerhalb meines Projektes wollte ich feststellen, ob die Temperatur in Mannheim mit zunehmender Entfernung zur Innenstadt kühler wird, und wie sich diese Unterschiede im Verlauf eines Tages verhalten.
Daten
Durch die zur Verfügung stehenden Daten des Metadatenkatalogs und des sMArt City Stadtklimamessnetzes Mannheims konnte ich mit der Datenanalyse beginnen.
• Metadaten Stadtklimamessnetze Mannheim
Anhand dieser Quellen hatte ich Zugriff auf alle Daten der verschiedenen Wetterstationen ab dem 20.02.2024. Diese Datensätze beinhalten relevante Daten, wie beispielsweise die geographischen Koordinaten der einzelnen Messstationen, Messzeitpunkte, Temperatur, Luftfeuchtigkeit etc. Jeder Tag wird in einer eigenen zip-Datei veröffentlicht. In dieser zip-Datei wird für jeden Sensor jeweils eine csv-Datei angeboten, die alle Messwerte und Uhrzeiten beinhaltet. Mithilfe eines Jupyter Notebooks wurden die einzelnen csv-Dateien der Sensoren pro Tag in einer csv-Datei konsolidiert.
Mit Hilfe der Visualisierungssoftware Tableau konnten die verschiedenen Datenquellen miteinander verknüpft werden. Mit Tableau verschaffte ich mir erstmalig einen Überblick der verschiedenen Standorte aller Wettermessstationen, indem ich sie mir auf einer Karte anzeigen ließ (siehe Abbildung 2). Durch das Filtern der Messwerte gelang es mir, die Temperaturunterschiede der verschiedenen Uhrzeiten über einen Tag verteilt auf der Karte darzustellen. Um die eventuell auftretenden Temperaturunterschiede bei zunehmender Entfernung zur Innenstadt zu sehen, bildete ich für jeden Stadtbezirk eine Sensorgruppe aus jeweils drei Sensoren. Aufgrund von teilweise auftretenden Messfehlern entschied ich mich für nur drei Sensoren pro Stadtbezirk. Bei diesen Messfehlern wurde immer eine maximale Temperatur von -999°C angezeigt, was bei der Berechnung des Durchschnitts zu Problemen führte. Ich habe mich bewusst für den Durchschnitt und gegen den Median entschieden, da ich genauere Daten verwenden wollte.
Um meine These untersuchen zu können, habe ich auf der Karte virtuell eine Linie gezogen (siehe Abbildung 3). Anhand dieser wählte ich die vier Stadtbezirke Innenstadt, Neckarstadt, Waldhof und Gartenstadt aus.
Für jede Sensorgruppen berechnete ich mithilfe von Tableau den Durchschnitt der maximalen Temperaturen zu jeder vollen Stunde. In den Testphasen meiner Visualisierung habe ich mit dem 20.03.2024 experimentiert. Hierbei stellte sich heraus, dass die Werte sehr aussagekräftig sind, weshalb ich mich final für dieses Datum entschieden habe.
Erste Entwürfe
Bei meinem ersten Prototyp stellte ich in Tableau die durchschnittliche Maximaltemperatur der einzelnen Stadtbezirke in Form eines Balkendiagramms dar (siehe Abbildung 4). Hierbei war die Achsenbeschriftung allerdings zu unübersichtlich und es konnten nur alle Stadtbezirke auf der X-Achse angezeigt werden, indem das Diagramm vergrößert wurde. Dies hätte jedoch zur Folge gehabt, dass eine Gesamtübersicht über den Verlauf eines Tages nicht mehr möglich gewesen wäre, da hierfür nach links bzw. rechts gescrollt werden müsste. Aufgrund dessen entschied ich mich für ein Liniendiagramm, welches den Temperaturverlauf der verschiedenen Stadtbezirke über einen Tag verteilt darstellt (siehe Abbildung 5).
Visualisierung
Um die Temperaturdifferenz mit Hinblick auf den zeitlichen Verlauf über einen Tag bestmöglich darzustellen wurde, wie bereits erwähnt, ein Liniendiagramm (siehe Abbildung 7) gewählt. Ein Liniendiagramm eignet sich hier besonders gut, da es die angemessenste Visualisierung für einen kontinuierlichen Zeitverlauf darstellt und die These somit am besten verdeutlicht. Um das Diagramm einfach und überschaubar darzustellen, entschied ich mich für ein kategorisches Farbschema, welches die einzelnen Stadtbezirke darstellt. Der Stadtbezirk mit den höchsten maximalen Temperaturen wird in dem Farbverlauf mit der dunkelsten Farbe dargestellt. Je niedriger die maximale Temperatur der Stadtbezirke ist, desto heller ist auch die Farbe des Stadtbezirks. Hierbei entschied ich mich für einen Farbverlauf von gelb zu rot, da dieser die Farben der Temperatur am besten darstellt. Gelb steht für Wärme und Sonne, während Rot Hitze und Feuer symbolisiert. Da Hitze oft mit der Farbe Rot in Verbindung gebracht wird, erschien diese Farbwahl besonders passend.
Um den räumlichen Temperaturverlauf mit zunehmender Entfernung zu Innenstadt zu verdeutlichen, wurde das Liniendiagramm mit der geografischen Karte im Dashboard verknüpft (siehe Video 1). Durch das Ändern der Uhrzeit im Filter kann mithilfe der Dashboard Interaktion genau gezeigt werden, wo und wann welche maximalen Temperaturen anliegen. Gleichzeitig werden die Sensoren mit den fehlerhaften Messwerten zum entsprechenden Zeitpunkt auf der Karte ausgeblendet. Somit ist nachvollziehbar, welcher Sensor für den Messfehler verantwortlich ist.
Beim Verändern der Uhrzeit mittels Filters wird im Liniendiagramm die aktuell eingestellte Uhrzeit durch einen Punkt je Stadtbezirk hervorgehoben. Um diesen Zeitpunkt im Diagramm noch deutlicher zu markieren, werden die Linien im Bereich um die Punkte ausgeblendet, vorausgesetzt, es treten keine Messfehler auf. Wenn jedoch Messfehler auftreten, bleiben die Linien im Bereich der Punkte bewusst sichtbar. Zusätzlich werden nur noch die Stadtbezirke mithilfe eines Punkts hervorgehoben, die zu diesem Zeitpunkt keine Messfehler aufweisen. Stadtbezirke mit fehlerhaften Messungen werden nicht durch einen Punkt markiert. Dies dient dazu, fehlerhafte und fehlerfreie Messungen besser zu unterscheiden und visuell klar voneinander zu trennen. Hierbei sollte allerdings beachtet werden, dass jeder Sensor auf der Karte seine maximal gemessene Temperatur unabhängig von der Sensorgruppe anzeigt. Das Liniendiagramm hingegen stellt die durchschnittliche maximale Temperatur aller drei Sensoren pro Stadtbezirk dar.
Um den Temperaturunterschied mit zunehmender Entfernung zur Innenstadt zu verdeutlichen, wählte ich auf der Karte ein kontinuierliches Farbschema mit dynamischer Skalierung und fügte die Farbe Grün hinzu. Der gewählte Farbverlauf erinnert an die typischen Farben einer Ampel, was die Interpretation für den Betrachter sofort verständlich macht. Dies veranschaulicht den Temperaturunterschied mit zunehmender Entfernung zur Innenstadt nochmals besser. Vor allem werden dadurch die Temperaturunterschiede der einzelnen Stadtbezirke auf der Karte besser hervorgehoben. Dabei entstand das Dilemma abzuwägen, ob es besser ist das Farbschema stündlich auf die minimalen und maximalen Temperaturen anzupassen oder über den ganzen Tag zu fixieren. Ich entschied mich dafür, das kontinuierliche Farbschema im Dashboard oben rechts, so anzupassen, dass die stündliche minimal und maximal Temperatur als Ober- und Untergrenze eingesetzt werden. Das hat den Vorteil, dass die Temperaturunterschiede der einzelnen Stadtbezirke zu Zeitpunkten mit großen Differenzen besser auf der Karte visualisiert werden. Dies hat jedoch den Nachteil, dass bei geringen Temperaturdifferenzen, beispielsweise von nur einem Grad, die Unterschiede zwischen den Stadtbezirken mit zunehmender Entfernung zur Innenstadt schwer zu erkennen sind. Gleichzeitig verdeutlicht dies aber auch, dass sich die Temperaturen tagsüber nur minimal unterscheiden und keinem festen Schema folgen. Beim Verwenden eines fixierten kontinuierlichen Farbschemas, werden die Temperaturunterschiede zu Zeitpunkten mit großen Differenzen farblich nur minimal hervorgehoben.
Implementierung
Wie bereits erwähnt, wurde die Visualisierung ausschließlich mit Tableau erstellt. Da wir während des Semesters mit Tableau arbeiteten und ich dort schon Erfahrungen mit dem Programm sammelte, war dies für mich das naheliegendste Programm bei der Programmauswahl. Um erstmalig Daten visualisieren zu können, mussten zu Beginn Änderungen in der Excel-Tabelle des Metadatenkatalogs vorgenommen werden. Es war notwendig, eine zusätzliche Spalte einzufügen, die den Namen Sensor-ID trägt. In dieser Spalte wurde die Messnetznummer und die Stations-ID zusammengefügt. Dadurch konnte die csv-Datei des 20.03.2024 über die Sensor-ID mit der Excel-Tabelle verknüpft werden.
Darüber hinaus mussten die Längen- und Breitengrade angepasst werden, damit sie korrekt am richtigen geographischen Ort angezeigt werden. Mit diesen Änderungen konnte anschließend die Excel-Tabelle mit den zuvor zusammengefassten Daten des Jupyter Notebooks verknüpft werden. Als nächstes wurden einzelne Gruppen für die verschiedenen Stadtbezirke gebildet, die jeweils aus den drei Sensor-IDs bestehen. Für jeden Stadtbezirk berechnete ich anschließend über Tableau den Durchschnitt der maximalen Temperatur zur vollen Stunde und erstellte daraus jeweils ein Liniendiagramm pro Blatt für jeden Stadtbezirk. Aus jedem Liniendiagramm konnte dann pro Stadtteil eine eigene csv-Dateien erstellt werden, die die Daten der Sensor-IDs, der maximalen Durchschnittstemperaturen und der Timestamps beinhaltet. Diese einzelnen csv-Dateien konnten über die Timestamps mit der csv-Datei des 20.03.2024 verknüpft werden, welche alle Daten des Tages beinhaltet. Zur Veranschaulichung ist diese Verknüpfung nochmals in Abbildung 6 zu sehen. Durch die einzeln erstellten Datensätze war es möglich, alle vier Stadtbezirke zusammen in einem Liniendiagramm darzustellen.
Erkenntnisse
Anhand des Liniendiagramms in Abbildung 7 sind viele Erkenntnisse über den Temperaturverlauf und die Temperaturdifferenz mit zunehmender Entfernung zur Innenstadt zu sehen. Alle Temperaturen in den vier Stadtbezirken folgen einem ähnlichen Tagesmuster. Die niedrigste Temperatur wurde um 6 Uhr in der Gartenstadt erreicht, während die höchste Temperatur um 15 Uhr in der Innenstadt gemessen wurde. Nachts zwischen 23 Uhr und 6 Uhr sinken die Temperaturen in allen Stadtbezirken, wobei die Innenstadt und die Neckarstadt durchgehend höhere Temperaturen aufweisen. Die Gartenstadt bleibt am kühlsten. So wird beispielsweise um 0 Uhr eine Temperaturdifferenz von 4,5°C zwischen der Innenstadt und der Gartenstadt (siehe Abbildung 8) gemessen. Anhand dieses Zeitbereichs ist zu erkennen, dass die Temperatur tatsächlich mit zunehmender Entfernung zur Innenstadt abkühlt. Zwischen 6 Uhr und 10 Uhr ist ein rascher Temperaturanstieg in allen vier Stadtbezirken zu sehen, was auf den Sonnenaufgang um 6:28 Uhr zurückzuführen ist. Von 10 Uhr bis 15 Uhr ist die Differenz der Temperaturen in allen Stadtbezirken am geringsten. Ab 15 Uhr nimmt die Temperatur in allen Stadteilen wieder langsam ab. Die Temperaturdifferenz der einzelnen Stadtbezirke vergrößert sich ab diesem Zeitpunkt stündlich. Es ist zu erkennen, dass die Abkühlung in Waldhof und vor allem in der Gartenstadt schneller verläuft als in der Innen- und Neckarstadt. Um 21 Uhr beträgt die Temperaturdifferenz zwischen der Innenstadt und der Gartenstadt messbare 5,5°C (siehe Abbildung 9).
Die Temperaturverläufe in den verschiedenen Stadtbezirken Mannheims zeigen insgesamt deutliche Unterschiede, die auf städtebauliche und geografische Gegebenheiten zurückzuführen sind. Mit zunehmender Entfernung zur Innenstadt sinken die Temperaturen aufgrund der höheren Bebauungsdichte und der geringeren Grünflächenanteile in der Innenstadt. Im Gegensatz dazu weisen Stadtteile wie Waldhof und Gartenstadt aufgrund ihrer größeren Grünflächen und weniger dichten Bebauung niedrigere Temperaturen auf.
Besonders ausgeprägt sind diese Temperaturunterschiede zwischen 17 Uhr und 6 Uhr, wenn die tagsüber gespeicherte Wärme in den versiegelten Flächen wieder abgegeben wird. Tagsüber (10:00-17:00 Uhr) sind die Temperaturunterschiede hingegen geringer, da die Sonne alle Stadtbezirke gleichmäßig aufheizt.
Fazit
Reflektion
Durch meine Visualisierung konnte ich feststellen, dass die Temperatur in Mannheim mit zunehmender Entfernung zur Innenstadt tatsächlich sinkt. Zudem wurde deutlich, dass die Temperaturunterschiede gegen Abend immer größer werden, während sie mittags eher gering ausfallen. Besonders interessant ist hierbei, dass die Temperatur in der Spitze eine Differenz von 5,5°C aufweist, obwohl die Entfernung zwischen der Innenstadt und der Gartenstadt gerade einmal 5,5 km Luftlinie beträgt. Meine Visualisierung ermöglicht es, die These präzise zu überprüfen und führt zu einem aufschlussreichen Ergebnis.
Ausblick
Der ThermoTracker ist vielseitig erweiterbar. Interessant zu sehen wäre beispielsweise auch, wie sich die Temperaturen in den Stadtbezirken an besonders warmen oder kalten Tagen unterscheiden. Dies könnte durch Hinzufügen verschiedener Daten im Filter realisiert werden. Zusätzlich habe ich eine Idee entwickelt, welche die Visualisierung erweitern würde. Bei dieser neuen Darstellung könnte ergänzend die Entfernung der Sensoren zur Innenstadt visualisiert werden, indem die Sensoren auf einer Linie (siehe Abbildung 11) als auch in Ringen um die Innenstadt (siehe Abbildung 10) angeordnet werden. Auf diese Art und Weise kann der Verlauf der Temperatur mit zunehmender Entfernung zur Innenstadt besonders anschaulich nachvollzogen werden.