Erholungszonen
Finaler Prototyp

Alexander Anane, Dominik Koschik, Falko Piwinger, Julian Komarek, Victor Cölsch

Erholungszonen

Wie beeinflussen Erholungszonen die Temperaturentwicklung in Mannheim?

Die Temperatur an einem Tag in einer Stadt kann sich je nach Standort stark unterscheiden. Dieses Projekt zielt darauf ab, kühle Orte in Mannheim zu identifizieren und deren Erreichbarkeit für vulnerable Gruppen, wie ältere Menschen, visuell darzustellen. Im Rahmen einer interaktiven Web-Applikation werden Temperaturunterschiede an fünf ausgewählten Standorten über 24 Stunden hinweg analysiert und mittels Small Multiples und Liniendiagrammen visualisiert. Die Ergebnisse sollen es den Nutzenden ermöglichen, die Verteilung kühler Zonen zu erkunden und deren Zugänglichkeit in einem stark versiegelten urbanen Umfeld zu bewerten, was wichtige Erkenntnisse für die städtische Klimaresilienz bieten kann.

Dieses Projekt ist im Rahmen des Kurses “Grundlagen der Datenvisualisierung” im Sommersemester 2024 an der Hochschule Mannheim unter der Leitung von Prof. Dr. Till Nagel entstanden.

Einführung

Hinter der Projektidee stand eine Vielzahl von Annahmen und Fragestellungen. Wir sind zunächst davon ausgegangen, dass Temperatur und vor allem eine erhöhte Temperatur oberhalb von 25 Grad einen signifikanten Einfluss auf die Lebensqualität von Menschen hat. Insbesondere sind wir davon ausgegangen, dass dies in besonderem Maße Menschen trifft, welche aufgrund ihres Alters, ihrer Gesundheit, ihrer Mobilität, finanziellen oder sonstigen Gründen in ihrer Bewegungsfreiheit oder Standortwahl eingeschränkt sind. Im Kontext von Mannheim einer der meist versiegelten Stadt Deutschlands, mit mehr als 300.000 Einwohner*innen rückte hierbei die Erreichbarkeit und das Vorhandensein von kühlen Zonen, sozusagen als Klimaresilienz der Mannheimer Bevölkerung, in den Vordergrund.

Unser erster Ansatz war es, ausgehend von einer angenommenen Bewegungsreichweite verschiedener vorher definierter Risikogruppen, wie zum Beispiel ältere Menschen, von selbst gewählten Startpunkten zu prüfen, ob ein Erreichen der nächsten kühlen Zonen überhaupt möglich ist und wie viele heiße Zonen hierfür durchquert werden müssen. Die Annahme bestand darin, dass heiße Zonen die Bewegungsreichweite besonders einschränken, da sich verschiedene Risikogruppen unterschiedlich lange Hitze aussetzen können.

Bei diesem Ansatz sind wir auf einige Hürden gestoßen, welche uns bewogen haben, ein anderes Konzept auszuarbeiten. Beispielsweise näherten wir uns mit dieser Idee mehr einem Tool an und entfernten uns immer mehr von einer reinen Visualisierung, was nicht der Idee des Projekts entsprach. Außerdem ist die Temperatursensorabdeckung im Stadtgebiet Mannheim nicht so flächendeckend wie wir es für diesen Ansatz gerne gehabt hätten. Zu guter Letzt ist es sehr schwer eine Aussage über eine so individuelle Angelegenheit wie die eigene Bewegungsreichweite bei hohen Temperaturen zu treffen, die von vielen Faktoren abhängt.

Deshalb haben wir uns dazu entschieden, an unserer Grundidee festzuhalten und die Frage zu stellen, wo gibt es kühle oder heiße Zonen in Mannheim und wie groß ist das Einzugsgebiet dieser Zonen? Hierbei haben wir uns für bestimmte gut bemessene Orte nahe der Innenstadt Mannheims entschieden. Die Frage nach der Erreichbarkeit für Risikogruppen und auch von bestimmten Standorten in Mannheim geben wir somit in die Händer der Nutzer*innen unserer Visualisierung

Konzept

Aus dieser Motivation heraus formulierten wir verschiedene Arbeitshypothesen und Fragen, die es zu überprüfen galt. Bedeutet grüner automatisch kühler? Die Abkühlung über die Nacht verhält sich unterschiedlich. Die ausgewählten Orte sind nicht für alle Menschengruppen gleich gut zu erreichen. Welchen Ort sollte ich tagsüber für eine größtmögliche Abkühlung aufsuchen?

Wir haben fünf verschiedene Orte für die Beantwortung und Prüfung genutzt. Diese wurden nach folgenden Kriterien gewählt: grüne Zone mit und ohne Bäume, Flussnähe oder hoher Versiegelungsgrad. Haben wir einen solchen Ort gefunden, war es nun ferner wichtig, ausreichend nahe Temperatursensoren mit aktuellen Daten zur Verfügung zu haben. Hierbei haben sich der alte Messplatz, die Neckarwiese, der Wasserturm, der Waldpark und der Käfertaler Wald als geeignete Orte herausgestellt.

Um die Orte direkt miteinander vergleichen zu können, haben wir uns für vier Small Multiples entschieden, auf denen je ein durch ein Drop-Down Menü ausgewählter Ort mitsamt des Einzugsgebiets dargestellt wird. Die vier Karten werden weiter mit Daten aus OpenStreetMap um eine Darstellung der grünen Zone und vereinzelten Bäumen sowie mit den Standortdaten der Sensoren um diese erweitert. Das Einzugsgebiet stellen wir als Isochronen Karte dar, welche bei einer vorher über einen Slider eingestellten Anzahl von Gehminuten anzeigt, welche Punkte bei gleicher Zeit erreicht werden können. Hieraus leitet sich in unserem Anwendungsfall ab, von welchen Punkten man in X-Gehminuten den ausgewählten Ort erreichen kann. Darüber hinaus stellen wir den Temperaturverlauf der vier ausgewählten Orte im zeitlichen Verlauf von 24 Stunden in einem Liniendiagramm direkt gegenüber, um eine Aussage zur Abkühlung und Erhitzung der Orte treffen zu können.

Somit geben wir den Nutzer*innen alles in die Hand, um eigene Fragestellungen zu unseren fünf Orten zu beantworten und selbst eine fundierte Entscheidung treffen zu können, welcher Ort, zu welcher Zeit für den eigenen Aufenthalt infrage kommt.

Daten

Datenbeschaffung und erste Herausforderungen

Zu Beginn des Projektes wurden die empfohlenen Daten der Smart City Mannheim sMArt gesichtet. Dabei stellte sich heraus, dass sowohl die Anzahl als auch die Dichte, Standorte und Zeitrahmen der aufgenommenen Daten für unser Projekt nicht vollständig verwertbar waren. Zudem wiesen die Datensätze der Smart City Mannheim teilweise zeitliche Lücken auf, sodass keine verlässlichen Aussagen getroffen werden konnten.

Daraufhin wurden weitere Versuche unternommen, zusätzliche Datensätze über die Portale des Landes und des Bundeslandes zu finden. Diese Suche verlief jedoch erfolglos. Professor Nagel stellte uns daraufhin eine weitere Datenquelle zur Verfügung: das MVV IoT-Center. Diese Datenquelle erwies sich als ausreichend und passend für unser Projekt.

Die Daten des MVV IoT-Centers beinhalten folgende Informationen:

  • Sensorstandorte und -dichte: Ausreichend viele und gut verteilte Sensoren, um eine detaillierte Analyse zu ermöglichen.
  • Zeitliche Abdeckung: Kontinuierliche und umfangreiche Datenerfassung über einen langen Zeitraum hinweg.
  • Datentypen: Umfassende Sammlung von Temperaturdaten, Feuchtigkeitswerten und anderen relevanten Umweltparametern. -Zuverlässigkeit: Konsistente und lückenlose Datensätze, die verlässliche Aussagen und Analysen ermöglichen.

Durch die Nutzung der Daten des MVV IoT-Centers konnten wir die erforderlichen Sensorinformationen effizient abrufen und in unsere Applikation integrieren.

Aggregation

Es gab zwei verschiedene Formen der Aggregation der Temperaturdaten. Die erste war eine zeitliche Aggregation, um den zeitlichen Verlauf klarer darzustellen und somit den Trend hervorzuheben. Die zweite war die Aggregation der verschiedenen Sensordaten einer Zone. Hierfür wurde der Durchschnitt berechnet. Es wurde auf eine Gewichtung der Sensorwerte aufgrund der jeweiligen Sensorposition verzichtet, da die Sensoren einer Zone ähnliche Standorte hatten.

Kartierung der Sensordaten

Visualisierung mit Leaflet und JavaScript: Um die Standorte der Klimasensoren zu visualisieren, verwendeten wir das JavaScript-Framework Leaflet. Wir erstellten eine interaktive Karte, auf der die Positionen der Klimasensoren dargestellt wurden. Jeder Sensorstandort wurde entsprechend seiner Messkategorien (z.B. Temperatur, Wind) auf der Karte markiert.

Integration weiterer Umweltinformationen

Daten von OpenStreetMap: Zusätzlich zu den Klimadaten haben wir Daten von OpenStreetMap (OSM) integriert. Zuerst luden wir alle in OSM verzeichneten Bäume herunter und fügten diese ebenfalls in unsere Leaflet-Karte ein. Dies ermöglichte uns, die Verteilung der Bäume in Mannheim zu visualisieren.

Anschließend extrahierten wir Informationen über Grünflächen aus OSM, die eine bestimmte Mindestfläche überschritten. Diese Grünflächen wurden auf der Karte als Polygone dargestellt. Durch diese Ergänzungen konnten wir eine umfassende Übersicht über die grünen Erholungszonen in Mannheim schaffen.

Zusammenführung und Analyse

Erstellung einer umfassenden Karte: Die Kombination der verschiedenen Datensätze - Klimasensoren, Bäume und Grünflächen - ergab eine detaillierte und interaktive Karte der Erholungszonen in Mannheim. Diese Karte ermöglicht es, verschiedene Umweltparameter und ihre räumliche Verteilung in der Stadt zu analysieren und zu visualisieren.

Entwicklung

Die Entwicklung der Prototypen wurde in verschiedene Stufen unterteilt, um jeweils andere Konzepte einzuarbeiten. Diese wurden teils parallel entwickelt.

Paperprototyping

nach erster Ideenfindung wurden eigenständig Low Fidelity Prototypen entwickelt, um Visualisierungsmöglichkeiten zu erkunden und weitere Ideen der Interaktion zu testen. Anhand dieser Prototypen sollte sich die weitere Entwicklung orientieren. Hier lag unser Fokus auf Accessibility und Klimaresilienz für verschiedene Menschengruppen. Da diese Entwicklung jedoch weniger der Datenanalyse diente, wurde der Fokus auf den Vergleich von Klimazonen gerichtet.

Abbildung 2: Papier-Prototyp 1
Abbildung 3: Papier-Prototyp 2

Parallele technischen Proof of Concept

In dieser Phase der Entwicklung haben wir uns auf die technische Entwicklung und das Implementieren von Konzepten fokussiert.

Abbildung 4: Proof of Concept - Isochrone

Implementierung einzelner Prototypen in ein einzelnes Dashboard

Nach der Entwicklung der Proof of Concepts wurden diese in eine Gemeinsame Svelte Shell integriert. Dort wurden die Daten der Karten und des Liniendiagramms synchronisiert und mit der Implementierung des Stylings begonnen.

Abbildung 5: Dashboard mit gemockten Anzeigen unter den Karten für Einzug und momentane Durchschnittstemperatur

Exploratory Data Analysis

Bei der Exploratory Data Analysis (EDA) werden die Daten untersucht und erste Merkmale können erkannt werden. Zum Zeitpunkt des EDA waren ca. 130000 Datenpunkte in unserem Datensatz.

Falls ein Fehler oder ungültiger Wert vorlag, der laut Dokumentation als “null” angegeben war, wurde dieser von der Berechnung ausgeschlossen. Fehlerhafte Werte waren im Anschluss nicht mehr im Datensatz vorhanden.

Falls bei einem Sensor ein Fehler in der Zukunft auftreten sollte, werden dessen Daten für den betroffenen Zeitpunkt nicht berücksichtigt.

Abbildung 6: Liniendiagram: Temperatursensoren
Abbildung 7: Liniendiagram: Temperatursensoren(zeitlich aggegriert)

Zudem wurde, um den zeitlichen Verlauf besser hervorzuheben, ein Durchschnitt berechnet und die Daten über die Zeit aggregiert, somit wurde die Grafik geglättet und der Trend betont.

Validierung der Sensorstandorte und ihrer Zuordnung

Abbildung 8: Karte: Sensorstandorte

Im Rahmen des EDA wurden die den Zonen zugeordneten Sensoren und ihre Positionen validiert.

Zeitlicher Rahmen der Sensordaten

Abbildung 9: Temperaturdaten von ausgewählten Sensoren

Nach der Festlegung der für uns interessanten Zonen wurde die Eignung ihrer Datensätze überprüft. Von den 6 Zonen (Alter Messplatz, Käfertaler Wald, Neckarwiese, Spinelli-Park, Wasserturm, Waldpark) wurde bemerkt, dass Sie keinen durchgehende Daten liefern. Die frühesten Daten liefert der Sensor am Spinelli-Park und endet, bevor die nächsten Zonen Daten erfasst haben. 2023 wurden Daten von den Sensoren am Wasserturm geliefert. Ab dem Februar 2024 liefern Sensoren von 5 der 6 definierten Zonen gleichzeitig Werte, die damit eine Vergleichbarkeit ermöglichen. Die Spinellipark wird damit aus der Liste entfernt.

Abbildung 10: Temperaturdaten

Während dem EDA konnte früh Trends erkannt werden, die die initialen Hypothesen bezüglich der Temperatur bestätigt haben. Zudem konnten Erkenntnisse, wie die schnellere Abkühlung der Grünzonen in den späteren Abendstunden erkannt werden. Eine Erkenntnis, welche bei Tropennächten eine Rolle spielen kann.

Visualisierung - Vorstellung des Prototyps

Unser Prototyp visualisiert die Temperaturdaten in verschiedenen Erholungszonen Mannheims mittels mehrerer interaktiver Karten und Diagramme. Die Hauptbestandteile der Visualisierung umfassen:

  1. Interaktive Karten als Small Multiples: Jede der vier ausgewählten Zonen (Wasserturm, Neckarwiese, Alter Messplatz und Waldpark) wird durch eine eigene Karte dargestellt. So können die Zonen direkt miteinander verglichen werden, um mögliche Gemeinsamkeiten oder Unterschiede festzustellen. Sie enthalten folgende weitere Visualisierungstechniken:
    1. Isochronenkarten: Diese Karten zeigen Einzugsgebiete der einzelnen Zonen in Gehminuten und bieten räumliche Kontextinformationen.
    2. Dot Density: In den Karten werden Bäume und Sensoren als verschiedenfarbige Punkte dargestellt. So können räumliche Zusammenhänge zu den Klimadaten erkannt werden als auch die dokumentierte Begrünung durch Bäume.
  2. Liniendiagramm: Ein Liniendiagramm vergleicht die Temperaturverläufe der vier ausgewählten Zonen über den gesamten Tag hinweg. Dies ermöglicht es den Nutzern, Trends und Unterschiede in den Temperaturverläufen zu erkennen.

Interaktionen

Mögliche Interaktionen mit den Visualisierungen des Prototyps sind:

  1. Das Auswählen des betrachteten Datums (Select) : Durch einen Dateselect kann der Nutzer ein Datum auswählen. Dementsprechend ändern sich die Temperaturwerte der Karten und des Liniendiagramms.
  2. Verstellen der Isochronenkarten(Reconfigure/Filter): Die Isochromen der Karten werden angepasst, um unterschiedliche Gehzeiten oder Einzugsgebiete darzustellen. Dies erlaubt den Nutzern besser zu verstehen, wie sich die Erreichbarkeit der Zonen verändert. Genutzt wird dafür eine Slider, dass es sich um eine kontinuierliche quantitative Variable handelt (Ratio) und dies unserer Meinung nach die intuitive Eingabemöglichkeit ist.
  3. Zoom und Pan (Abstract / Elaborate): Die interaktiven Karten ermöglichen es den Nutzern, in die Karten zu zoomen und sich frei zu bewegen, um detaillierte Ansichten der Messpunkte zu erhalten.
  4. Auswählen der Zonen (Explore): Nutzer können vier Zonen auswählen, um diese miteinander zu vergleichen. Sie haben die Auswahl aus vorher selektierten Zonen, die uns bei der EDA ins Auge gestochen sind.
  5. Liniendiagramm Hover (Select): Indem die Nutzer über das Liniendiagramm hovern, können sie die genauen Daten des Diagramms durch ein Pop-up - in diesem Fall Temperaturdaten - ablesen.
  6. Karten Filter (Filter): Nutzer können in den Karten verschiedene Schichten ein- und ausblenden. Dazu gehören: Bäume, Sensoren, Isochrone, Zonen. So können Nutzer sich auswählen, welche räumlichen Daten sie vergleichen wollen.
  7. Karten Hover (Select/Elaborate): Durch das “Hovern” oder Klicken einzelner Sensoren sollten Nutzer zusätzliche Informationen dieser Sensoren erhalten, wie den Temperaturverlauf des einzelnen Sensors oder die Durchschnittstemperatur. Diese Funktionalität ist jedoch noch nicht fehlerfrei umgesetzt worden.

Implementierung

Die Visualisierungen wurden mit einer Kombination aus aktuellen Web-Technologien und Datenverarbeitung Tools erstellt:

  • Svelte: Für die Erstellung der interaktiven Benutzeroberfläche und State Management zwischen einzelnen Komponenten sowie Styling.
    • Begründung: Svelte hat eine niedrige Einarbeitungszeit und in dem Team gab es begrenzt viel Erfahrung in der Webentwicklung.
  • leafletjs: Für die Darstellung und Interaktivität der Karten.
    • Begründung: Bietet leistungsstarke Kartenfunktionen und ist leicht zu integrieren.
    • Im späten Verlauf des Projektes sind spezifische Bibliotheken für die Integration von leafletjs in Svelte erschienen - diese konnten jedoch nicht genutzt werden.
  • Python: Für die Datenverarbeitung.
    • Gewählt wegen extrem schneller Entwicklungsdauer.
  • D3.js: Für die Erstellung dynamischer und interaktiver Diagramme.
    • Begründung: Extrem anpassbar und ideal für interaktive Visualisierungen.
  • Tableau: Für die explorative Datenanalyse und die Herstellung erster Prototypen.

Die Wahl dieser Tools wurde getroffen, um die Entwicklung möglichst effizient zu gestalten.

Erkenntnisse

Wir haben herausgefunden, dass die Annahme einer begrünten Zone als kühle Zone nicht zwangsläufig stimmt, denn die Temperatur am Wasserturm, Neckar und alten Messplatz entwickelt sich sehr ähnlich, obwohl diese Orte teils weniger, teils mehr begrünt bzw. versiegelt sind. Hierbei ist auch interessant, dass die Neckarwiese nicht in besonderem Maße abgekühlt ist, obwohl sie sich an einem Fluss befindet und viel freie Fläche bietet, durch die der Wind warme Luft abtransportieren könnte. Vielmehr scheint es einen Zusammenhang zwischen vielen Bäumen und kühlen Orten zu geben.

Abbildung 11: Diagramm: Temperatur an drei Punkten

Außerdem ließ sich ein Zusammenhang erkennen zwischen einem stärker werdenden Abkühlen über die Nacht bei Waldnähe, im Vergleich zu Stadtnähe, somit kühlen sich verschiedene Orte unterschiedlich ab.

Abbildung 12: Diagramm: Temperatur an zwei Punkten

Die Frage, welcher Ort nun für eine größtmögliche Abkühlung aufgesucht werden sollte, ließ sich nicht so einfach mit unseren Daten beantworten, denn alle Orte haben sich tagsüber ähnlich aufgeheizt. Jedoch steht auch hier der Waldpark dank seiner vielen schattenspendenden Bäume und der größeren Abkühlung in den Morgen- und Abendstunden an erster Stelle.

Da das Einzugsgebiet nach wie vor auf die persönliche Bewegungsreichweite von Individuen ankommt, bieten die Isochrone der Karten nur eine begrenzte Möglichkeit eine zuverlässige Aussage darüber zu treffen, wie gut eine Zone zu erreichen ist. Bei normaler Gehgeschwindigkeit bietet diese Methode aber eine sinnvolle Berechnung, welche direkt umliegenden Gebiete etwa wie viel Gehminuten brauchen, um den betrachteten Ort zu erreichen. Da man die Gehminuten stark erhöhen kann, ist es so möglich einen Großteil der Stadt Mannheim und umliegender Gebiete abzudecken, jedoch wird es bei zunehmender Entfernung zu einem Ort unwahrscheinlicher, dass die Strecke gelaufen wird, insofern das überhaupt möglich ist. Somit wird eine Nutzung der Bahn, des Fahrrads oder alternativer Verkehrsmittel wahrscheinlicher und manche Orte besser oder schlechter zu erreichen.

Abbildung 13: Karte: Isochrone an Wasserturm

Fazit

Wir konnten einen funktionalen Prototyp fertigstellen, mit dessen Hilfe man fünf von uns ausgewählte Orte auf verschiedene Merkmale hin unterscheiden kann. Hierbei lassen sich Temperaturunterschiede und Temperaturentwicklung im Zeitverlauf, grobe Begrünung/Versiegelung, Sensorstandorte und das Einzugsgebiet bei gleicher Gehzeit vergleichen. Die ausgewählten Orte entsprechen in Ihrer Gesamtheit recht umfassend dem doch recht unterschiedlichen allgemeinen Stadtbild Mannheims. Da wir Innenstadtnähe und -ferne, hoher und niedriger Versiegelungsgrad, kaum bis viele Bäume abgebildet haben, halten wir die fünf Orte für andere vergleichbare Orte in Mannheim repräsentativ.

Deshalb empfinden wir unsere Arbeit u.a. für den direkten Vergleich und die Suche nach kühlen Orten in Mannheim, über die Anwendung mit unseren ausgewählten Orten hinaus, für sinnvoll.

Obwohl wir mit den Isochronenkarten das Einzugsgebiet eines jeden Ortes darstellen können, ist uns hierbei das Thema Erreichbarkeit und Einzug der Zonen zu kurz gekommen. Wir wären gerne noch weiter darauf eingegangen, wie verschiedene klimatische Bedingungen sich für verschiedene Menschengruppen auf die Erreichbarkeit der ausgewählten Orte auswirken.

Große Hitze mag zwar einen definierten Temperaturbereich haben, jedoch ist Hitze auch eine subjektive Empfindung, die von vielen Faktoren abhängt. Denkbar wäre es, mithilfe der vorhandenen Sensoren das Thema Luftfeuchtigkeit mit in die Betrachtung der kühlen und heißen Zonen einzubeziehen. Ergänzend hätten bei einem längeren Betrachtungszeitraum besondere Wetterextreme wie z.B. eine tropische Nacht ausgewählt werden können, um die Klimaresilienz in Extremfällen besonders hervorzuheben. Diesen Nutzen könnte man noch weiter ausbauen, indem man unsere angedeuteten “Datastorys” vgl. Einführungsscreenshot mit weiteren Informationen zu Wetterextremen und diesem Tag zum Leben erweckt.

Weiteres Verbesserungspotenzial sehen wir darin, die Farblegende unseres Prototyps so anzupassen, dass die Farben nicht mehr mit Temperatur assoziiert werden können. Das heißt kein grün, rot, orange oder gelb. Ferner sollten hierbei auch Farbblindheiten berücksichtigt werden.

Eine schöne Konsequenz aus unserer Arbeit wäre es, wenn Rückschlüsse darauf getroffen würden, dass eine weitere Begrünung der Stadt sinnvoll ist, da hierdurch Schatten gespendet und eine größere Abkühlung bzw. geringere Erhitzung erwirkt werden könnte.

Abschließend bleibt zu sagen, dass Menschen, die unsere Visualisierung auf der Suche nach kühlen Orten nutzen, ein ausgewähltes Bild darüber bekommen, wie sich die Orte in Mannheim verhalten und sich dadurch verschiedene individuelle Fragestellungen beantworten können.