Carsharing-Hauptstadt Karlsruhe
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Randa, Mariia, Mario & Tristan

Carsharing-Hauptstadt Karlsruhe

Zusammenhang zwischen Bevölkerung und verschiedenen Verkehrsmitteln

Viele Deutsche setzen bereits auf das Carsharing, verwenden somit ein Auto für einen begrenzten Zeitraum und teilen das Fahrzeug mit zahlreichen anderen Menschen. Die gemeinsame Nutzung der Automobile bringt einige wichtige Vorteile mit sich, die vor allem die effektive Schonung der Umwelt betreffen und das Parkplatzproblem in Großstädten nicht weiter negativ beeinflussen.

In Karlsruhe gibt es so viele Carsharing-Autos pro Einwohner wie nirgendwo sonst in Deutschland. Seit mehreren Jahren ist Karlsruhe Deutschlands Carsharing-Hauptstadt. Die Zahl der Fahrzeuge wächst seit der letzten Erhebung kontinuierlich. Um zu verstehen, wie Carsharing in Karlsruhe funktioniert, wird der Zusammenhang zwischen der Verteilung der Carsharing-Stationen und den öffentlichen Verkehrsmitteln untersucht.

Einführung

Die Zahl der Carsharing-Kunden in Deutschland ist im Verlauf des vergangenen Jahres auf 2,46 Millionen angestiegen (Quelle). Karlsruhe ist Deutschlands Carsharing-Hauptstadt 2019. Auf 1.000 Einwohner kommen in Karlsruhe 3,2 Carsharing-Fahrzeuge. Auf den weiteren Rängen folgen München, Hamburg und Berlin. Die Millionenstädte haben damit im Ranking gegenüber 2017 aufgeholt. Insgesamt gibt es in Deutschland 740 Städte und Gemeinden mit einem Carsharing-Angebot. In Deutschlands Carsharing-Hauptstadt Karlsruhe stehen derzeit pro 1.000 Einwohner 3,2 Carsharing-Fahrzeuge bereit. Die Zahl der Fahrzeuge ist seit der letzten Erhebung im Jahr 2017 um 21 Prozent gewachsen. Das Karlsruher Carsharing-Angebot wird vor allem von einem stationsbasierten Anbieter getragen, der seit 2019 zusätzlich Fahrzeuge im free-floating Carsharing bereitstellt (Quelle).

Für die Carsharing-Nutzung gibt es viele Vorteile:

  • Verschiedene Fahrzeugmodelle je nach Anlass mieten
  • Mobil ohne eigenes Auto
  • Die KFZ-Versicherung wird übernommen
  • Umweltfreundlich: Ressourcen schonen

Warum ist Carsharing in Karlsruhe so beliebt? Gibt es einen Zusammenhang zwischen der Bevölkerungsdichte und der Verteilung der ÖPNV-Haltestellen und Carsharing-Stationen? Ob es Abhängigkeiten oder Ausnahmen bei der Verteilung der Carsharing-Stationen gibt?

Daten / Auswertung/ Prozess

Datenquellen

Für die Daten haben wir mehrere Quellen:

Erhebung der Daten

Die meisten Daten konnten wir von OpenStreetMap mit der Overpass-API abfragen und als GeoJSON exportieren. Für unseren Anwendungsfall waren keine komplizierten Anfragen nötig. Der Wizard von Overpass turbo hatte dafür genug Funktionalität. Alternativ kann man Anfragen auch mit der Overpass Query Language machen, die aber auch komplexer und zeitaufwendiger ist. Overpass turbo ist ein webbasiertes Data-mining-tool für OpenStreetMap. Über dem Wizard sieht eine Abfrage, die alle Bushaltestellen in Karlsruhe zurückgibt, wie folgt aus:

highway=bus_stop in karlsruhe

In der Oberfläche von Overpass turbo kann man die Daten in einer interaktiven Karte und die Rohdaten selbst sehen. Über den Menüpunkt Export kann man die Daten als GeoJSON herunterladen.

Von dem Statistikatlas Karlsruhe haben wir allgemeine Daten zu den Stadtteilen im CSV-Format bekommen. Diese mussten wir händisch in das JSON-Format umwandeln.

Daten des free-floating Carsharing-Anbieters Getaround haben wir im Zweistundentakt selbst abgefragt und gespeichert. Dieses Scraping haben wir mit einem Bash-Script umgesetzt. Das Script besteht aus einer Schleife in der mit dem Programm cURL die aktuellen Standorte der Getaround Autos abgefragt werden. Das Bash-Script wird auf einem Raspberry Pi im Dauerbetrieb ausgeführt.

Von der Stadtmobil Carsharing App haben wir die HTTPS Anfragen und Antworten mit mitmproxy untersucht. Mitmproxy ist ein HTTPS-Proxy, der mit der Installation von einem selbstsignierten Zertifikat unter Android 6, das Untersuchen von HTTPS-Verbindungen erlaubt. Wir konnten herausfinden von wo die Android App ihre Daten herbekommt und diese ebenfalls nutzen. Wichtig waren uns die Position der Stationen und Gesamtzahl Autos pro Station. Wir mussten die HTTPS Anfragen und Antworten durchgehen bis wir einem mit gewünschten Daten gefunden hatten. Die Daten der HTTPS Antworten waren im JSON-Format was uns die Arbeit erleichtert hatte.

Prototyp / Ergebnisse

Papier-Prototyp

Der Papier-Prototyp stellt drei Diagramme dar (siehe Abb. 1). Das erste ist die Choroplethenkarte und zeigt die Stadtteile in Karlsruhe. Auf der rechten Seite gibt es die Auswahl einerseits von ÖPNV- und Carsharing-Stationen und andererseits Stadtteile eingefärbt nach Bevölkerungsdichte mit und ohne Wohnraum. Die Choroplethenkarte ist eine thematische Karte, bei der die Stadtteile von Karlsruhe im Verhältnis zur Bevölkerungsdichte eingefärbt sind und da die geografische Darstellung hilfreich auch bei der Darstellung von Stationen ist, haben wir uns dafür entschieden. Das Ziel dabei ist der Zusammenhang zwischen Bevölkerungsdichte und Stationen zu untersuchen.

Abb. 1: Papier-Prototyp für die Webanwendung

Die zwei Säulendiagramme stellen jeweils in jedem Stadtteil die Anzahl der privaten und Carsharing-Autos dar. Dabei zeigt die rote Linie den Durchschnitt in Karlsruhe. Bei der ausgewählten Darstellung kann man die Autoanzahl vergleichen und sortieren.

Visualisierung

Auf Basis des Papier-Prototyps wurde die Visualisierung entwickelt. Die Diagramme stellen die gleiche Information wie der Papier-Prototyp dar.

Choroplethenkarte:

Bei einer Choroplethenkarte wird die Intensität der Farben in jedem Bereich mit der Quantität intensiver. Wir verwenden eine Choroplethenkarte, die nach Bevölkerungsdichte eingefärbt ist. Wobei je dunkler ein Stadtteil ist, desto mehr Menschen wohnen in diesem Stadtteil (siehe Abb. 2). Die Bevölkerungsdichte ist in fünf Klassen gruppiert: von weniger als 10 bis zu über 50 Personen je Hektar. Man kann zwischen der Visualisierung von dem Wohnraum oder den Stadtteilen mit Bevölkerungsdichte auswählen. Dabei ist es von Vorteil den Wohnraum mit den Positionen der Stationen zu vergleichen.

Abb. 2: Choroplethenkarte von Stadtteilen in Karlsruhe gefärbt nach Bevölkerungsdichte
Abb. 3: Small-Multiple von Bus-, Carsharing-, Straßenbahn-Stationen

Mit der Hilfe von Multiple Choice (siehe Abb. 10) werden die Stationstypen ausgewählt. Dabei stellen die grünen Punkte die Verteilung der Bushaltestellen dar, die roten Punkte zeigen die Standorte der Straßenbahnhaltestellen und die Carsharing-Stationen von „Stadtmobil” sind als blaue Punkte zu sehen (siehe Abb. 3). Die Visualisierung wird interaktiv gestaltet. Bei der Auswahl eines Stadtteils springt ein Pop-up auf und zeigt alle zugehörigen Informationen des Stadtteils an. Zu den Informationen gehört die Bevölkerung, Fläche, Anzahl von privaten und Carsharing-Autos. Diese werden als Zahlen aber auch als Balkendiagramm dargestellt (siehe Abb. 4).

Abb. 4: Pop-up stellt die Information des ausgewählten Stadtteils dar

Point-Density-Map

Eine Point-Density-Map zeigt in welchen Bereichen einer Karte Merkmale konzentriert vorkommen. Wir verwenden die Point-Density-Map, um zu zeigen, wo Haltestellen und Station oft vorkommen und wo sie seltener sind (siehe Abb. 5).

Abb. 5: Point-Density-Map von den ÖPNV- und Carsharing-Stationen

Säulendiagramme:

Die Anzahl von Privaten (siehe Abb. 6) sowie Carsharing-Autos (siehe Abb. 7) in jedem Stadtteil werden in zwei Säulendiagrammen visualisiert. Damit kann man mit Hilfe der Sortierung schnell erkennen, in welchem Stadtteil am meisten Autos sowie Carsharing-Fahrzeuge sind.

Abb. 6: Säulendiagramm von privaten Autos pro Stadtteil
Abb. 7: Säulendiagramm von Carsharing-Autos pro Stadtteil

Auf dem Säulendiagramm kann man einen Stadtteil auswählen, dann wird automatisch auf den jeweiligen Diagrammen dieser Stadtteil hervorgehoben (siehe Abb. 8).

Abb. 8: Stadtteil Oststadt

Erkenntnisse

Die Verteilung der ÖPNV- und Carsharing-Stationen hängt stark von der Bevölkerungsdichte ab. Die Visualisierung zeigt (siehe Abb. 9), dass sich die Stadtteile mit der höheren Einwohnerzahl im Zentrum befinden und die Verteilung von Stationen sehr dicht in diesen Stadtteilen ist.

Abb. 9: Choroplethenkarte mit Carsharing-Stationen

Wenn man die Carsharing-Stationen und den Wohnungsraum auf der Karte zusammen betrachtet (siehe Abb. 10), stellt man die Abhängigkeit dazwischen fest. Der Carsharing-Anbieter platziert offensichtlich die Stationen in Wohngebieten.

Abb. 10: Wohngebiete und Carsharing-Stationen

Man findet aber Ausnahmen. In den Stadtteilen Stupferich, Hohenwetter, Grünwettersbach und Palmbach befinden sich Wohnräume, die keine einzige Carsharing-Station haben. Eine weitere Ausnahme folgt aus der Betrachtung von den angebotenen Stationen in dem Stadtteil Rüppurr. Es gibt mehrere Carsharing-Stationen im Vergleich mit der Anzahl der Stationen von den öffentlichen Verkehrsmitteln. Es gibt in Rüppurr nur eine Bushaltestelle und keine Straßenbahnhaltestelle (siehe Abb.11).

Abb. 11: Stadtteil Rüppur

Auf den ersten vier Positionen im Säulendiagramm (siehe Abb. 7) befinden sich die Stadtteile mit höherer Einwohnerzahl. Daraus folgt, dass es einen Zusammenhang zwischen der Anzahl der Carsharing-Stationen und der Dichte der Einwohner gibt.

Implementierung

Die Visualisierung wurde als Webanwendung umgesetzt, die dann in einem Webbrowser wie Google Chrome läuft. Es werden die Webstandards HTML, CSS und JavaScript genutzt. Mit den Webstandards hatten wir bereits aus vorherigen Projekten Erfahrung gesammelt und haben diese für geeignet eingestuft. Die interaktive Karte wurde mit der JavaScript-Bibliothek Leaflet umgesetzt. Für die Einfärbung der Choroplethenkarte mussten wir eine eigene Funktion umsetzen, die je nach Dichte des Stadtteils die richtige Farbe als Zeichenkette zurückgibt. Die Balkendiagramme wurden mit der Vega-Lite-Bibliothek entwickelt. Mit Vega-Lite kann man viele verschiedene Diagramme im JSON-Format angeben, wodurch uns ein einfacher Einstieg gelungen ist. Die Daten der Visualisierungen liegen im JSON-Format vor, das eine sehr einfache Verarbeitung in JavaScript ermöglicht. Standorte und Stadtteilgrenzen sind als GeoJSON verfügbar und können von Leaflet ohne großen Aufwand verarbeitet werden. Mit der Fetch-Schnittstelle von JavaScript werden die Daten geladen und an Vega-Lite und Leaflet übergeben. Um Interaktionen zwischen der Karte und dem Balkendiagramm mussten wir eigene Funktionalitäten implementieren, die, die Komponenten miteinander Kommunizieren lässt. Mit Hilfe einer Javascript Methode können wir mit Leaflet den Stadtteilen jeweils ein Pop-up zuweisen, welches angezeigt wird, wenn man auf einen Stadtteil klickt. In dem Pop-up werden dann Informationen zu dem Stadtteil angezeigt sowie ein Vega-Lite Balkendiagramm.

Um die Anzahl der verfügbaren privaten und Carsharing-Autos von allen Stadtteilen zu Visualisieren haben wir uns für ein Balkendiagramm entschieden, das im unteren Bereich der Webapplikation angezeigt wird. Es ermöglicht nämlich einen übersichtlichen visuellen Vergleich von der Anzahl der Autos pro Stadtteil. Die Balken kann man außerdem sortieren, sodass man sofort erkennen kann, welcher Stadtteil die meisten oder die wenigsten Autos besitzt. Des Weiteren zeigt es einen Zusammenhang zwischen der Anzahl privater und Carsharing-Autos in jedem Stadtteil. Beim Klicken auf einem Balken wird außerdem mit Hilfe von einer Vega-Lite-Funktion der entsprechende Stadtteil auch in der Leaflet Karte hervorgehoben.

Damit alle Elemente der Karte nicht permanent unübersichtlich auf der Karte dargestellt werden, gibt es eine Funktion, die Elemente einer bestimmten Art ein-, ausblendet und filtert. Des Weiteren haben wir eine Legende mit einfachen HTML und ein wenig CSS erstellt. Die Webanwendung wird auf GitHub-Pages gehostet, damit sie für jedermann online verfügbar ist. Github-Pages ermöglicht ein Github Repository, als Webseite zu verwenden.

Durch Befolgen der verfügbaren Anleitungen im Internet konnten wir schnell das Wissen aneignen, um die Basisfunktionalitäten unserer Webanwendung umzusetzen. Vega-Lite bietet einen besonders einfachen Einstieg, sobald aber etwas komplexere Diagramme erstellt werden sollen, wird es unübersichtlich und es zeigen sich Einschränkungen der Bibliothek.

Als Entwicklungsumgebung haben wir Visual Studio Code eingesetzt. Um im Team zusammen zu entwickeln, nutzen wir Git zur Versionsverwaltung und Github als Repository.

Fazit

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass es einen Zusammenhang zwischen der Bevölkerungsdichte und Verteilung der Stationen von ÖPNV sowie Carsharing gibt. Dabei lässt sich sagen, dass die Verteilung von der Anzahl von Carsharing-Autos und -Stationen von der Dichte der Einwohner abhängig ist. Am meisten werden die Carsharing-Stationen in Wohngebieten angeboten und sehr oft liegen sie in der Nähe von den ÖPNV-Stationen. Hierbei werden die Ausnahmen festgestellt. Es gibt Stadtteile ohne Carsharing-Stationen, obwohl es Wohnräume dort gibt und mehrere ÖPNV-Stationen angeboten werden. Dagegen werden zahlreiche Carsharing-Stationen in anderen Stadtteilen trotz der wenigen Anzahl von den Stationen der ÖPNV angeboten. Es war interessant zu sehen, dass Carsharing-Stationen angeboten werden, wo ÖPNV-Stationen sind. Unsere Überlegung war, dass viele Carsharing-Stationen an Orten platziert werden, wo es wenige Möglichkeiten gibt mit den öffentlichen Verkehrsmitteln einen Zielort zu erreichen.

Ausblick

Zum Schluss werden die Ideen für die Erweiterung der Studie vorgestellt. Um weitere Analyse von der Carsharing-Nutzung in Karlsruhe durchführen zu können, ist es wichtig zu verstehen, wann die meisten Autos im Einsatz sind. Dafür ist es hilfreich die Daten von den verfügbaren Carsharing-Autos in einem bestimmten Zeitraum zu visualisieren. Mit Hilfe von der Scraping-Methode kann man herausfinden, wo die stationsunabhängigen Carsharing-Autos innerhalb eines bestimmten Zeitraums geparkt sind. Mit Schätzen und Suchen kann man den kürzesten Pfad zwischen den Orten wo ein Carsharing-Auto zuletzt geparkt wurde bestimmen, damit kann man die individuelle Route der verwendeten Carsharing-Autos untersuchen. Somit gewinnt man folgende Erkenntnisse: wann und wo die Autos am meisten genutzt werden, ob sie nachts und/oder in Stoßzeiten im Einsatz sind und wie lange die durchschnittliche Fahrtdauer ist. Dazu werden zusätzlich die stationsunabhängigen Carsharing-Autos mitgezählt. Nun würde man die Frage warum “Karlsruhe die Carsharing-Hauptstadt ist” aus verschiedenen Winkeln betrachten und kann somit auf vielversprechende Ergebnisse kommen. Des Weiteren kann die Altersgruppe von Nutzern analysiert werden, um zu wissen wer die Carsharing-Nutzer sind.

Ein Vergleich mit einer anderen Stadt könnte die Sicht auf die Carsharing-Nutzung erweitern. Welche Ähnlichkeiten und Unterschiede dabei auftauchen und warum die Nutzung in Karlsruhe im Gegensatz zu anderen Städten beliebter ist. In diesem Fall wäre Berlin der beste Kandidat. Da die Stadt eine viel höhere Bevölkerungsdichte und die meisten Carsharing-Autos hat. Nichtsdestotrotz ist Berlin aber nicht die Carsharing-Hauptstadt Deutschlands. Ein Vergleich mit Karlsruhe würde die wichtigsten Faktoren zu der Frage warum Carsharing in Karlsruhe so erfolgreich ist verdeutlichen.

Credits:

GDV
WiSe 2019/2020
Prof. Dr. Nagel
Hochschule Mannheim